Die
Story von Abbas Pasha I (24.04.1982 - 16.04.2007)
Vor 25 Jahren, genau gesagt am 24.April 1982
wurde im ungarischen Staatsgestüt Bàbolna ein Hengstfohlen
geboren, welches später für einige Jahre das Zuchtgeschehen
in Bábolna als Hauptbeschäler bestimmen sollte. Da die
Basis meiner kleinen Hobbyzucht aus zwei Töchtern dieses
Hengstes besteht, möchte ich die vergangenen 25 Jahre
seines Lebens erzählen ...
Eigentlich beginnt
alles damit, dass in einem der altehrwürdigen Verwaltungsräume
des Staatsgestüts Bàbolna in Ungarn Anfang Februar 1981
die Unterzeichnung eines Vertrages stattfindet, der
die Bedingungen festhält, unter denen die Bentwood Farm
in Waco/Texas ihren Zuchthengst zur Bedeckung einer
festgelegten Anzahl von AV-Stuten für die Zuchtsaison
1981 zur Verfügung stellt.
Diese züchterische
Aktion von bemerkenswertem Weitblick kommt auf Initiative
von Dr. Hans Joachim Nagel aus Deutschland in Zusammenarbeit
mit den Hauptgestüten Marbach (seiner Zeit vertreten
durch den Landoberstallmeister Dr.Cranz) und Bàbolna
(seiner Zeit vertreten durch den Generaldirektor Dr.
Burgert) zustande. Seitens der Bentwood Farm unterzeichnet
die Tochter des Inhabers, Mrs. Lisa Mc.Craken-Lacy jenen
Vertrag.
Bei dem Hengst um den es geht, handelte
es sich um den aus der weltweit hochgeschätzten Ägypter-Zucht
des Ehepaares Forbis stammenden "ANSATA ABBAS PASHA",
einem Sohn des "ANSATA IBN HALIMA" und der "ANSATA BINT
MABROUKA".
In jenem Jahr 1981 ist "ANSATA ABBAS
PASHA" bereits 17 jährig, bewährter Zuchthengst der
Farmen Babson sowie Bentwood, Reserve Europa Champion
des Salon du Cheval Paris und soll nun auch seine Zuchtqualitäten
in Europa beweisen.

Ansata Abbas Pasha (Photo: J. Johnston)
Aufgestellt wird der beeindruckende Silberschimmel
schließlich in Deutschland auf dem Katharinenhof von
Dr.Nagel. Zugeführt werden ihm hier vom Katharinenhof
die Stuten "MAYSOUNA", "SABAH", "FERNAZ", "KIS MAHIBA",
"AMEERA", und "NOVINA".
Aus diesen Stuten fallen
im Jahr darauf die Hengstfohlen "MAMELUK", "SHERIF PASHA"
und "FARID" sowie die Stutfohlen "MAHA", "AIDA" und
"SIMEON SAVION".
Für Marbach bringen die Ägypterinnen
"MUSTAJIDDA", "NOOSA" und "NOHA" in Anpaarung mit "ANSATA
ABBAS PASHA" die Stutfohlen "MUBARAKA" und "NUSRA" sowie
das Hengstfohlen "NASRODIN".
Auch das ungarische
Staatsgestüt Bàbolna wählt 5 seiner besten Ägypterinnen
für "ANSATA ABBAS PASHA" aus. So kommen die Stuten ...

12 Bint Inas

7 Lutfia

2 Ghalion

23 Ghalion

26 Ibn Galal
... den circa 1500 km weiten und ebenso beschwerlichen
Weg aus der Puszta in Ungarn auf den in Norddeutschland
gelegenen Katharinenhof. Alle fünf Stuten haben eine
weitere Gemeinsamkeit; sie führen allesamt ein Fohlen
von "IBN GALAL I" bei Fuß. Aus einem dieser Fohlen bei
Fuß wird übrigens die später hochgeschätzte Zuchtstute
"223 IBN GALAL I", die nicht zuletzt wiederum durch
ihre bildschöne Tochter mit dem bezeichnenden Namen
"TausendUndEineNacht", in ungarisch "ELF LAYLA WALAYLA"
bekannt wird.
Im Jahr darauf nun wartet man auch
in Bàbolna gespannt auf die neuen Fohlen. Doch das Glück
ist nicht uneingeschränkt auf Seiten dieses Gestütes.
So verliert "12 BINT INAS" ihr Fohlen durch eine Frühgeburt
bereits im März des Jahres und auch das Anfang April
geborene, vielversprechende Stutfohlen aus der "7 LUTFIA"
stirbt nach wenigen Wochen. In den frühen Morgenstunden
des 24.April schenkt "2 GHALION" einem Hengstfohlen
das Leben, im Mai bringt "23 GHALION" ein Stutfohlen
und im Juni schließlich, kommt noch ein Hengstfohlen
aus der "26 IBN GALAL" zur Welt.
Nach fast zweihundertjähriger
Tradition erhalten alle Fohlen, egal ob Stut- oder Hengstfohlen,
den Namen ihres Vaters. Zur Identifizierung dient lediglich
die Nummerierung in der Reihenfolge der Geburten.
So handelt es sich hier schlicht um die noch
verbliebenen und nun heranwachsenden Fohlen mit Namen:
ABBAS PASHA-2, ABBAS PASHA-3 und ABBAS PASHA-4, welche
in großer Herde auf den Weiden der Puszta artgerecht
und glücklich heranwachsen. Alle Hoffnungen der einstigen
aufwendigen züchterischen Aktion von Bàbolna hängen
an diesen ’Youngstern’. Und die Zeit vergeht schnell
bis es heißt ’erwachsen’ zu sein.
So wird drei
Jahre später das einstige Stutfohlen "ABBAS PASHA-3"
in die Zuchtstutenherde eingegliedert. Sie schenkt bereits
1986 ihrem ersten Fohlen das Leben und wird traditionsgemäß
im Geburtsjahr ihres ersten Fohlens im Zuchtstuten-Register
von Bàbolna eingetragen und die Fohlen-Nummer, hinter
ihrem Namen, wird von jetzt an durch eine Zuchtstuten-Nummer
vor ihrem Namen ersetzt. So wird aus dem Stutfohlen
ABBAS PASHA-3 nun "229 ABBAS PASHA". In den darauf folgenden
Jahren schenkt diese Stute Bàbolna noch drei weitere
Fohlen und wird schließlich 1991 tragend von "MAGDAN"
nach Italien verkauft.
Auch ihre Jahrgangsgefährten,
die beiden Hengstfohlen sollen getrennte Wege gehen.
Während "ABBAS PASHA-4" aus der "26 IBN GALAL" stammend,
ins Renntraining genommen wird und schließlich im Jahr
1985 unter dem Namen "PASA" sogar schon 4 Rennen erfolgreich
absolviert, soll für den jungen "ABBAS PASHA-2" aus
der "2 GHALION" stammend, die Zucht der nächste Meilenstein
werden.
Nach wiederum althergebrachter Bàbolnaer
Tradition verliert ein Junghengst, sobald er zum Zuchthengst
deklariert wird, auch die Fohlen-Nummer hinter seinem
Namen. Zuchthengste , die gleiche Blutlinien führen,
werden dann durch eine neue Nummerierung unterschieden.
Diese neue Nummer zeigt nun die Reihenfolge der Zuchthengste
jener Blutlinie an und wird in Römischer Zahl hinter
den Namen geschrieben. So wird aus dem kleinen "ABBAS
PASHA-2" mit Beginn der Zuchtverwendung "ABBAS PASHA
I".
Während der in Deutschland von Dr. Nagel
gezogene Halbbruder von "ABBAS PASHA I", mit Namen "SHERIF
PASHA", wahrlich Aufsehen erregt und schließlich sogar
im Schauring zum ’Junior Weltchampion’ gekürt wird,
startet in der behaglichen Abgeschiedenheit von Ungarn
jener junge "ABBAS PASHA I" seine Zuchtlaufbahn.

Abbas Pasha I (Photo: S.Hofbauer)
Bereits 1986 erwartet man in Bàbolna 12 Fohlen von
"ABBAS PASHA I". Sie sind so zufrieden stellend, dass
Ihm in dieser Saison wiederum 12 Stuten zugeführt werden.
Auch diese überzeugen die Zuchtleitung und so avanciert
"ABBAS PASHA I" zum Hauptbeschäler der Vollblutaraber
von Bàbolna.
Im Zuchtjahr 1987 werden ihm sogar
21 Stuten zugeführt. Während seiner gesamten Zuchtlaufbahn
in Bàbolna sind es 67 Vollblutaraber-Stuten, in den
meisten Fällen handelt es sich um "IBN GALAL I"-Töchter.
Genauer gesagt von diesen 67 Stuten sind 36 Töchter
des "IBN GALAL I".
Insgesamt soll sich zeigen,
dass "ABBAS PASHA I"-Kinder mit recht gutem Typ ausgestattet,
jedoch nicht mit hohem Stockmaß versehen, kurz im Körper
bei runden Formen sehr häufig einen gleichen einheitlichen
Typus von Pferd verkörpern.
Dieses ist der so
genannte klassische Typ von Araber der bei einigen Betrachtern
Gefallen findet, bei anderen jedoch lange Linien vermissen
lässt.

Abbas Pasha I (Photo: Dr.O.Saenger)
Gerade in der Schauszene behaupten sich große, langlinige
Pferde und da diese Szene einen gewissen Trend setzt,
mag es kommen, dass kurzlinige, eher zierliche Pferde
diesem Trend vielerorts zum Opfer fallen.
Das
Jahr 1991 schließlich scheint für Bàbolna das Jahr des
Umbruchs! Nicht nur die seit nunmehr zweihundertjährige
alte Tradition der Namensgebung wird beendet, sondern
auch das Zuchtkonzept wird geändert.
So sollen
mit Kaliber und langen Linien versehene, aus polnischer
Zucht stammende Hengste wie VIESBADEN und MAGDAN neue
Impulse für die Zucht in Bàbolna bringen. Diese Hengste
werden nun auch mit ägyptischen Stuten gepaart.
Ein Staatsgestüt geht neue Wege und daraus resultierende
ebenfalls hervorragende Zuchtergebnisse wie die Hengste
"TEYSZIR B" (MAGDAN x 243 HALIM SHAH) und später "EL
NABILA B" (KUBINEC x 218 ELF LAYLA WALAYLA) mögen für
diese Entscheidung sprechen.
Ein Aufschrei jedoch,
in der Welt der passionierten Ägypterzüchter vielerorts
erfolgt, Bàbolna aber scheint ihn nicht zu hören!
Fakt ist, das in keinem Jahr zuvor so viele Ägypter
von Bàbolna exportiert werden wie in den Jahren 1991
und 1992. Hierunter eben gerade zierliche, besonders
im klassischen Typ stehende und zudem noch edelstes
Blut führende Ägypter.
Von 34 Vollblutarabern,
welche in diesen beiden Jahren Bàbolna verlassen, sind
allein 12 Kinder von "ABBAS PASHA I", sowie ein Enkelkind.
Einige sehr gute Stuten unter ihnen finden in Italien
ein neues Zuhause, andere gehen nach Deutschland, Frankreich
und in nordische Länder.
Töchter von Abbas
Pasha I

Abbas Pasha I-5 El Aziza
– Linie (Photo:
E.Escher) |
|

Abbas Pasha I-3 Hosna
– Linie (Photo:
E.Escher) |
|

Abbas Pasha I-12 Tamria
– Linie (Photo: G.Grasso) |
Eben noch geschätzter Hauptbeschäler, so lässt Bàbolna
doch auch "ABBAS PASHA I" selbst gehen. Eine junge Familie
aus Deutschland interessiert sich für den Hengst. Doch
zu jener Zeit, noch nicht lange nach der Wiedervereinigung
von Ost- und Westdeutschland gibt es sicher für die
junge Familie aus der ehemaligen DDR eigentlich wichtigere
Prioritäten zu setzen als den Kauf eines Zuchthengstes.
Man verliebt sich jedoch spontan in "ABBAS PASHA
I" und so zieht der Hengst noch im September 1991 des
selben Jahres in die neuen Bundesländer nach Zwickau
um.
Entgegengesetzt ähnlich entscheidender Momente
im Leben dieses Hengstes wird das Pferd erstmalig nicht
neu nummeriert, sondern erhält nun einen Namen, wenn
es auch nur ein Rufname ist. "PASH" ist dieser, und
man hört regelrecht den Stolz seiner Besitzerin bei
der Aussprache dieses Namens.
"PASH" bekommt
ein wunderbares, pferdegerechtes Zuhause, wird gehegt,
gepflegt und natürlich geliebt. Dieses Zuhause ist die
kleine Vollblutaraber-Hobbyzucht der Familie Fazekas
und hier genießt der Hengst fortan sogar Familienanschluss.
In züchterischer Hinsicht jedoch bleiben ihm leider
in den folgenden Jahren die Türen anderer Privatzüchter
weitgehend versperrt. Es sind nur sehr wenige, die das
Erbgut dieses ägyptischen Hengstes beachten und zu nutzen
versuchen.

Abbas Pasha I (Photo: R.Schuhmann)
"ABBAS PASHA I" führt in der Mutterlinie das eher
seltene Blut über die einst atemberaubend schöne "GHAZAALAH",
eine Enkeltochter der " FARIDA", und geht somit zurück
auf die legendäre "EL DAHMA". Außerdem verkörpert "ABBAS
PASHA I" selbst ebenfalls den Phänotyp eines Dahman
Shahwan Hengstes in nahezu Vollendung.
"Doch
"ABBAS PASHA I" befindet sich eben in besagten, zwar
hoffnungsvollen aber noch unbekannten Züchterhänden
aus den neuen Bundesländern, die jetzt enttäuschende
Erfahrungen sammeln müssen aber doch bemerkenswert stolz
und unbeirrbar ihren eignen Weg gehen.
An dieser
Stelle drängt sich die Frage auf, wie wohl die Zuchtkarriere
von "ABBAS PASHA I" verlaufen wäre wenn er in Züchterhände
gekommen wäre, die bereits durch Erfahrung gelehrt,
wissen, dass der Besitz allein eines auch noch so fantastischen
Pferdes nicht genügt um Erfolg zu haben.
Tatsache
ist jedenfalls, das "ABBAS PASHA I" erst in den letzten
drei Jahren wieder größere Aufmerksamkeit gewährt wird.
So meldet er sich in seinen späten Jahren durch seinen
Rappfarbenen Sohn "ALI PASHA" endlich auch bei anderen
Privat-Züchtern ins Bewusstsein. Mit diesem Sohn nämlich
zeigt er noch einmal was in ihm steckt !
Der
Sohn "ALI PASHA" ist ein in allen Linien kompakter,
mit gutem Typ versehener und noch dazu schwarzer Junghengst,
den "ABBAS PASHA I" aus einer braunen nahezu konträren
Mutterstute fast zauberte.

Ali Pasha (Abbas Pasha I x Medani)
(Photo: T.Gutersohn)

Abbas Pasha I
"ABBAS PASHA I" lebt noch heute bei Familie Fazekas.
Umgeben von einer kleinen Gruppe Vollblutaraberstuten,
darunter auch einige seiner Töchter und Enkel. In der
Nachbarbox steht sein schwarzer Sohn "ALI PASHA" und
macht ihm das Leben als Chef bereits etwas streitig.
Doch der alte Herr, so scheint es, wäre einem kleinen
Kampf zur Auffrischung der Rangordnung nicht abgeneigt.
Er genießt sein Leben, geht täglich in ’seinen
Obstgarten’ zum Toben, der ihm auch im Winter geregelten
Auslauf bietet. Im Sommer gewährt ihm dieser alte Garten
auch frisches Gras und später sogar Äpfel und Kirschen
zur eigenen Ernte. In Sichtweite befinden sich seine
Stallgenossen und machen dem alten Herrn täglich deutlich,
das es ein schönes Leben ist, dass er leben darf.
Nicht selten sieht man auch heute noch den alten
Hengst in seinem Garten, fast wie ein junges Tier, mit
allen vieren nahezu aus dem Stand in die Luft springen,
sich noch im Flug drehen um anschließend laut schnaubend
in die andere Richtung davon zu preschen. Manch einer
mag es vielleicht nicht glauben, aber dieser besondere
Ausdruck von absoluter Lebensfreude ist eine Eigenart,
die "ABBAS PASHA I" gerne auch seinen Kindern mitgibt.

Abbas Pasha I (Photo: E.Escher)
Ein kurzer Ruf jedoch und schon ist "Pash" wie er
von seiner Besitzerin liebevoll genannt wird, an der
Seite von Frau Fazekas um von ihr in den Stall geführt
zu werden.
Noch immer betritt er würdevoll die
Stallgasse und macht zweifellos jedem deutlich wer jetzt
den Stall betritt. Mögen es noch viele Tage, Wochen
und Jahre sein, an denen "ABBAS PASHA I" sein Leben
genießen darf!

Abbas Pasha I (Photo: T.Gutersohn)
Sein Vater "ANSATA ABBAS PASHA" schied mit 25 Jahren,
nach erfülltem Leben, an der Stätte seiner Geburt, nämlich
der Ansata-Farm aus dem Leben.
Seine Mutter "2
GHALION" entschlief, ebenfalls 25 jährig, an der Hand
der hier Unterzeichnenden auf Al-Zamet würdig in eine,
für sie, bessere Welt.

2 Ghalion - ihre letzten Tage mit
ihrer Ur-Enkeltochter Malysha genießend

Abbas Pasha I (Photo: M.Groger)
" Hab’ Ehrfurcht vor der Kreatur ", sagte einst Albert
Schweitzer.
Und in diesem Sinne wünsche ich "ABBAS PASHA I",
sowie unzähligen anderen Pferden, ein langes erfülltes
und glückliches Leben an der Seite von Menschen die
sie lieben, ehren und für sie vielleicht auch manchmal
einen ungewöhnlichen und steinigen Weg zu gehen gewillt
sind!
Susanne Schreibvogel - E-Mail an die Autorin:
Farm@al-zamet.de
P.S. Ich habe diese Lebensgeschichte nach bestem
Wissen und Gewissen beschrieben, gehöre jedoch nicht
zu der schreibenden Zunft und bin somit hierin kein
Profi. So hoffe ich, sollten mir Fehler bei der Erzählung
unterlaufen sein, diese zu verzeihen sind, denn Fehler
schließen List und Tücke aus.
The english
version you will find at the following website. Mit
freundlicher Genehmigung entnommen von der Website:

|